Braunschweiger Mumme
from the "Oeconomischen Encyclopädie“ of 1773

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Braunschweuger Mumme

Braunschweiger Mumme, L. Mumia oder Mumma Brunsvicensium, Fr. Mom de Bronsvic, wird für den König der Biere in Deutschland gehalten. Es ist ein starkes Hopfenbier, welches zuerst von einem, Nahmens Mumme, davon es nachgehends auch den Nahmen bekommen, in einem nahe an dem alten Petersthor in Braunschweig gelegenen Hause gebrauet worden; wie denn, zum Andenken dessen, an selbigem Hause eine ausgehauene Statur eines Mannes, der ein Glas in der Hand hält, zu sehen ist. Weil nun dieses neue Bier gut befunden worden, hat es der Erfinder gewagt, und davon einen Theil über See gesendet, und endlich wirklich einen Handel damit nach England und Holland angeleget, daher er auch ein Rückgrat von einem Wallfische, zum Wahrzeichen dieser seiner Reisen, an sein Haus hängen laßen. Es wird dieses Bier, wegen seiner vortrefflichen Stärke, lieblichen Geschmacks, und dickbraunen schönen Farbe, sehr hoch gehalten. Die sogenannte Schiff=Mumme ist die beßte, maßen sie sich vor der Stadt=Mumme auf dem Wasser wohl hält, und weit und lange, ohne Anstoß oder Verderben, führen läßt. Zu dieser sollen die Braunschweiger zwei ihrer Winspel recht wohl gewachsen und gedörret Gerstenmalz nehmen, dasselbe mit genugsamen Wasser in der Braupfanne bei 5/4 Stunden lang kochen, solches daraus in einen Bottich schöpfen, ein wenig stehen laßen, und alsdenn wieder, jedoch ohne das Malz, in die Pfanne gießen, und abermahls, bei 3 Stunden lang, mit 15 Himpten guten Land=Hopfens darinnen wohl kochen; nach diesem aber solches in einem Bottiche erkalten, und gebührender maßen darinnen vergähren laßen. Zur gemeinen Stadt=Mumme, die bald weggetrunken zu werden pflegt, nehmen sie auf so viel Gerstenmalz nur 4 Himpten Hopfen, und verfahren damit, wie beim vorigen. Soll sie aber lange liegen, nehmen sie 10 Maaß Hopfen darzu. Zu ihrem Ernte=Bier nehmen sie auf 2 Winspel Gerstenmalz, 12 Maaß Hopfen, kochen es mit genugsamen Wasser auf vorige Art, und laßen es abgähren, spünden die Fässer hernach zu, und verkaufen es den Bauern zur Erntezeit.

Nach Chamber' s Bericht, in seiner Cyclopaedia, unter dem Art. Mum, besteht das Verfahren bei Verfertigung der Mumme, wie man es auf dem Rathhause in Braunschweig aufgezeichnet findet, darinn. Man nimmt 250 Kannen Wasser, das gekocht wird, bis der 3te Theil davon eingekocht ist. Dieses wird mit 7 Scheffel (engl.) Weizenmalz, und 1 Scheffel kleinen Bohnen, gebranet. Wenn es auf das Faß gebracht wird, mus man es im Anfange nicht ganz voll füllen. Sobald es zu gähren anfängt, wirft man 3 Pf. von der inwendigen Tannenrinde, Birken= und Tannenspizzen, von jeden 1 Pfund, 3 Händevoll Cardobenedictenkraut, eine oder zwo Hände Sonnenthaublühten; Pimpinelle, Betonien, Majoran, Polei, wilden Thymian, von jeden eine halbe oder ganze Handvoll; 2 Händevoll Hollunderblühten, oder auch noch mehr: 30 Unzen gestoßenen Cardamomsaamen; 1 Unze gestoßene Hagebutten, hinein. Alle diese Kräuter und Saamen werden in das Gefäß gethan, wenn der Trank eine Weile gegohren hat; nach diesem muß er ein klein wenig stoßen; hernach wird das Faß aufgefüllt; zulezt, wenn es zugemacht wird, thut man 10 frischgelegte zerknickte Eier hinein. Darauf wird es vest zugemacht, und nach 2 Jahren getrunken.

Dieser Bericht scheint aus dem 3ten Theil der Schatz=Kammer rarer und neuer Curiositäten genommen zu seyn; er ist aber, wie Behrens, in der unten angeführten Beschreibung, versichert, sehr falsch, indem ordentlicher Weise gar kein Bohnenmehl und Kräuter mit dazu genom, men werden.

Die Braunschweigische Mumme verursacht leichtlich schweren Urin, weil das Wasser, woraus dieses Bier gebrauet wird, kalkhaltig ist; denn in Braunschweig und den benachbarten Städten findet man sehr viele, so Steinschmerzen haben.

Der größte Handel damit ist ohne Zweifel zu denen Zeiten geschehen, da der hanseatische Bund und die Hansestädte im Flor waren; nachgehends aber ist selbiger immer mehr und mehr gefallen, so daß hentigen Tages nichts mehr, als der Schatten von vorigem Handel vorhanden ist. Marperger, in seinem Kaufmannsmagazin, S. 160, meldet von diesem Biere, daß jährlich etliche Lasten davon nach Ostindien versandt werden. Hierbei ist das Merkwürdigste, daß dergleichen nach Ostindien geführte Biere unterweges etlichemahl sauer werden, sonderlich, wenn sie die Mittagslinie passiren; wenn sie aber in Ostindien ankommen, ihre völlige Süßigkeit und guten Geschmack wiedererhalten, als wenn sie erst frisch gesaßt worden wären; ja, sie erlangen sogar, durch solche lange Reise und oftmahlige Veränderung, eine weit stärkere Hitze und bessern Geschmack, als sie jemahls gehabt haben.

R. A. Behrens, in Braunschweig, Beschreibung der Mumme, st. im 26 Versuch der Bresl. Samml. Oct. 1723, Cl. 4. Art. 6, S. 427.

Vom usu diaetetico derselben, s. dessen Selecta diaetetica, Sect. 3, Cap. 4, p. 331.

Franz Ernst Brückmanns Gedicht von der Mumme, sub tit. Die Mumme scheut sich nicht, sie will sich nicht verstecken etc. 1723, 4. 2 B. Er vertheidigt unter andern hier die Mumme wider die Nachrede, als wärde sie mit Canel, Alant, Nelken, Cardamomen, und andern Specereien anizt versälscht, und mit Kirschsaft gefärbet.

Eben dess. epistola itineraria LII, de Mumia Brunsvicensium. Wolfenb. 1736, 4. 4 B. nebst der Abbild. eines Malz=Kärners in Braunschweig, dem die Mumme so ungemein wohl geschmecket, daß er darinn sich so dick, ja gar zu Tode gesoffen, seines Alters 30 Jahr; am Gewicht hat er gewogen 3 1/2 Centner. Siehe auch das Supplement zu dessen Epistst. itinerar. Cent. I, S. 38--41; wie auch dessen Catal. omn. potus generum, S. 67--72.

Article on Braunschweiger Mumme in "Oeconomischen Encyclopädie“ of 1773

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